TeRRIFICA

Wasser(mangel) in Holdorf und umzu

TeRRIFICA-Klimatour in Holdorf am 02.04.2022

Mit der Klimatour in Holdorf startete am 02. April die neue TeRRIFICA-Klimatour-„Saison“ in 2022. Insgesamt 35 Teilnehmende – darunter viele Mitglieder der Heimatvereine von Holdorf und Dinklage – machten sich mit ihren Fahrrädern auf die knapp 15 km lange Tour durch und um Holdorf. Im Zentrum stand dabei das Thema Wasser, das an verschiedenen Orten genauer beleuchtet wurde: Welche Veränderungen hat der Handorfer Mühlenbach bereits erlebt in den letzten Jahrzehnten? Wie steht es um die Gesundheit der Bäume in verschiedenen Straßenzügen und Waldstücken? Was gibt es aber auch an positiven Beispielen für mehr Klimaschutz und Klimafolgenanpassung?

Die Stationen der Klima-Radtour wurden von Bernd Echtermann und Josef Kampers vom Heimatverein Holdorf und Ludger Westerhoff vom NaturErlebnis Holdorf e.V. ausgearbeitet. Alle Drei teilten während der Tour eine Fülle an wertvollen Informationen, Eindrücken und Beobachtungen mit den Teilnehmenden. Auch der Bürgermeister von Holdorf, Dr. Wolfgang Krug, war bei der Tour dabei und wies an verschiedenen Stationen auf aktuelle Vorhaben der Gemeinde hin.

Nach dem Start am Heimathaus ging es zunächst nur ein kleines Stück bis zum Hof Echtermann (Station 1), der direkt am Handorfer Mühlenbach liegt. Bernd Echtermann berichtete, dass der Handorfer Mühlenbach in den Jahren 2018, 2019 und 2020 für mehrere Wochen komplett ausgetrocknet war: „Man hätte mit Pantoffeln durch das Bachbett laufen können, ohne nasse Füße zu bekommen – das war früher noch nie möglich gewesen.“ Trotz dieser Auswirkungen durch die langanhaltenden Trockenphasen ist der Zustand der alten Eichen direkt am Bach im Vergleich zu jüngeren Bäumen etwas weiter entfernt noch verhältnismäßig gut. Wassermangel in Kombination mit extremer Hitze hatte auch schon direkte Folgen auf die in Sichtweite befindliche Buchenallee: Die Bäume erlitten buchstäblich Sonnenbrand, was sich durch eine aufgeplatzte Rinde bemerkbar macht. Der älteste Baum musste aufgrund dieser Schäden bereits gefällt werden.

An der zweiten Station, mit Blick auf die ehemalige Hofstelle Johanning am Ostring, erläuterte der Bürgermeister die Pläne für den zukünftigen Bürgerpark, der mithilfe eines Förderprogramms von Bund und Land auf dieser Fläche entstehen soll. Hier soll besonders darauf geachtet werden, dass klimaresiliente Bäume und Pflanzen gepflanzt werden und so ein klimaangepasstes Naherholungsgebiet entsteht.

Weiter ging es zur Einmündung des Mühlenbachs in die Verrohrung bei der Tankstelle Dinkgrefe (Station 3). Hier kam das Thema Starkregenvorsorge zur Sprache: Denn der Mühlenbach ist mittlerweile über weite Teile im Stadtgebiet verrohrt. Wobei die Durchmesser der Rohre teilweise nicht ausreichend sind, um einem Hochwasser, das im statistischen Mittel einmal in 100 Jahren auftritt (sog. HQ100), standzuhalten.

Beginn der Verrohrung des Mühlenbachs. Foto: Katrin Hedemann

Es wurde von einer Überschwemmung des Gebiets im Jahr 2014 berichtet. Die Gefahr, dass weitere Überschwemmungen in den nächsten Jahren auftreten können, ist groß und hemmt auch die Gemeindeentwicklung, denn Grundstücke können nicht erschlossen werden. Eine mögliche Lösung könnte sein, mehr Überschwemmungsgebiete/Retentionsräume in anderen Gebieten entlang des Bachverlaufs zu schaffen. Im Ortsteil Grandorf beispielsweise gebe es dafür mögliche Flächen. Gleichzeitig könnte es aber auch helfen, das Bachbett in eine ursprünglichere Verlaufsform zurückzubauen, indem wieder mehr Mäander vorhanden sind. Neben diesen Risiken durch extreme Wassermassen wurde aber auch an dieser Station noch einmal erwähnt, dass der Handorfer Mühlenbach bei langen Trockenheitsphasen komplett austrocknet. Ein Ort oder Gewässer kann also in beide Richtungen von den Folgen des Klimawandels betroffen sein, zu viel und zu wenig Wasser. Um das Problem des Austrocknens zu mindern, könnte eine Lösung sein, dass Wasser aus den umliegenden Industriegebieten aufbereitet und in den Bach eingeleitet wird.

Von der Dammer Straße aus ging es anschließend in ein Gebiet mit einem stark geschädigten Mischwald (Station 4). Hier wurden die Folgen durch den Wassermangel sehr deutlich. Der Anblick der vielen toten Birken machte die Teilnehmenden der Tour sichtlich betroffen. Dabei stellte sich die Frage, ob man nun eher gezielt wieder aufforsten sollte und mit welchen Bäumen, oder ob man Prozessschutz betreiben sollte und es der Natur überlässt, welche Bäume wiederkommen und unter den vorhandenen Bedingungen wachsen.

Der Waldweg führte direkt weiter auf den Baumlehrpfad (Station 5), den der Verein NaturErlebnis Holdorf e.V. mit großer Liebe zum Detail und mit Unterstützung der Gemeinde Holdorf angelegt hat und kontinuierlich pflegt. So ist eine über die Gemeindegrenzen hinaus beliebte Anlaufstelle für Schulklassen, Familien und alle weiteren Interessierten entstanden, die gleichzeitig Lern- und Naturerlebnisse und Naherholung bietet, wie Ludger Westerhoff vom Verein berichtete. Auch die angrenzende Streuobstwiese (Station 6) wird von den Vereinsmitgliedern gepflegt – hier sind viele alte Apfelsorten vertreten und liefern eine so reiche Ernte, dass im Herbst eigener Apfelsaft produziert wird. Den Bäumen geht es noch gut, sie profitieren vom Wasser des nahen Mühlenbachs. Und der Apfelsaft ist in Holdorf und sogar darüber hinaus sehr beliebt!

Nur ein kleines Stück weiter, an der Haveriede, wurden die Auswirkungen des Wassermangels für den Baumbestand wieder drastisch deutlich (Station 7): Hier wurden vor Kurzem zahlreiche alte Eichen gefällt, da ihre Pfahlwurzeln dem gesunkenen Grundwasserstand nicht mehr folgen konnten. Der Verein NaturErlebnis Holdorf ist auch hier aktiv und legt aus dem Totholz einen Hirschkäfermeiler an. So profitieren immerhin noch die Hirschkäfer, die in Deutschland auf der Roten Liste stehen, von dem neuen Lebensraum.

Auch der Hof Pöppelmann, an dem als nächstes Halt (Nr. 8) gemacht wurde, bot Einblicke in die drastischen Folgen des Wassermangels für Bäume. Hier fließt der Handorfer Mühlenbach teils direkt neben den Bäumen entlang – dennoch ist von elf großen, alten Bäumen nur noch einer gesund. So musste erst kürzlich eine abgestorbene Roterle, die einen feuchten Standort benötigt, gefällt werden. Heinrich Pöppelmann, der den Teilnehmenden der Tour die Trockenheitsschäden direkt vor Ort zeigte, plant eine Aufforstung mit Douglasie, da diese als trockenheitsresistenter gilt.

Weiter ging es, vorbei an einem von der Trockenheit stark mitgenommenen Kiefernwald (Station 9).

Unter Trockenheit leidendes Kiefernwäldchen an der A1. Foto: Katrin Hedemann

Nach der Querung der Autobahn A1 führte die Tour in das Fördergebiet des Oldenburgisch Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV). Josef Kampers und Franz Greve, schilderten hier die Entwicklung und den Aufbau des Wasserwerks. In der Gruppe wurden verschiedene Problematiken rund um die Gewinnung von Trinkwasser und deren Folgen für die direkte Umgebung diskutiert. Entlang des vom OOWV angelegten Waldlehrpfads (Station 10) ging es anschließend weiter in Richtung Heidesee (Station 11).

Der Baggersee war durch den Bau der Autobahn A1 entstanden und im Jahr 1968 in Betrieb genommen worden. Seitdem hat sich der Wasserspiegel um 4,5 – 5 Meter abgesenkt. Dies gibt Pächter Christian Bahlmann, der die Teilnehmenden der Fahrradtour am Eingang zum Heidesee willkommen hieß, Grund zur Sorge, denn mittlerweile hat der Heidesee eine wichtige touristische Bedeutung für die Region. Dass der Wasserspiegel im See im direkten Zusammenhang mit der Trinkwasserförderung in den nahegelegenen Brunnen steht, zeigte die Schilderung der Ereignisse in den 1980er Jahren: Damals wurde aufgrund von zu hohen Nitratwerten ein Förderstopp beim nächstgelegenen Brunnen erwirkt, wodurch der Wasserpegel im Heidesee merklich anstieg. Der Vergleich mit historischen Fotos zeigte den Unterschied deutlich. Darauf ist zu sehen, dass das Ufer bis auf wenige Meter an die Treppe des DLRG-Hauses heranreichte. Nach der Wiederinbetriebnahme des Brunnens sank der Wasserspegel aber auch wieder entsprechend – und so liegt heute ein breiter Strand zwischen der Treppe und dem Seeufer. Es wurde allerdings auch klargestellt, dass eine Verringerung der Fördermenge an Trinkwasser beim Brunnen am Heidesee nicht die Lösung des Problems rund um den Heidesee sein kann. Denn so würde das Problem letztendlich nur verschoben, da in der Folge beispielsweise beim Brunnen in Fladderlohausen die Fördermengen angehoben würden.

Heidesee in Holdorf im April 2022. Foto: Katrin Hedemann

Zum Ende der Fahrradtour gab Ludger Westerhoff noch einen Einblick in seinen privaten Garten (Station 12): Dort hatte er im letzten Jahr ein Rigolen-Zisternen-System installiert und dafür die Förderung der Gemeinde Holdorf in Anspruch genommen. In seinem Garten befindet sich nun ein Flachtank, der 7.500 Liter Regenwasser speichern kann. Dieses wird vor allem vom Dach seines Hauses dorthin geleitet und kann nach Bedarf mithilfe einer Pumpe z.B. zum Wässern der Pflanzen im Garten entnommen werden. Sollte die Zisterne einmal komplett gefüllt sein, wird das überschüssige Wasser in eine Rigole mit einem Fassungsvermögen von 3.000 Litern geleitet. Von dort aus versickert das Wasser dann nach und nach im Garten von Familie Westerhoff. So wird das wertvolle Regenwasser effektiv direkt vor Ort gesammelt und gehalten, anstatt – wie meist noch üblich – über die Kanalisation weggeführt zu werden. Diese Denkweise, so gut es geht Wasser in der Fläche zu halten, ist ein wesentlicher Baustein für eine neue Form des lokalen Wassermanagements.

Nach gut drei Stunden endete die Tour wieder am Heimathaus (Station 13), wo sich alle bei Kaffee, Kuchen und Schnittchen ein wenig von dem doch recht frischen Wind unterwegs erholen und noch weiter über die Eindrücke der Klima-Radtour austauschen konnten.